2020 war ohne Zweifel ein schweres Jahr für Filmfans und Filmschaffende gleichermaßen. Die Kinos weltweit geschlossen, Filmstarts mussten immer wieder verschoben werden, so kaum Möglichkeiten, neue Projekte abseits der größeren Streaminganbieter zu sehen. Kein Wunder, dass die pandemiebedingte Flaute sich auch auf die Oscars auswirkte. So wenige Menschen wie nie zuvor in der Geschichte des Filmpreises verfolgten das bunte Treiben auf den Bildschirmen. Gerade auch in Europa hielt sich die Begeisterung in Grenzen, immerhin konnte man hier noch weniger Kandidaten vorab zu sehen bekommen als in Amerika. Doch nach und nach trudeln die Nominierten und Gewinner nun auch endlich in unseren Breitengraden in unterschiedlicher Form ein.

von Mara Hollenstein-Tirk

Während „Nomadland“, der Gewinner in der Kategorie „Bester Film“, doch noch einen Kinorelease bekommt, erschien „The United States vs Billie Holiday“ vor Kurzem auf Blu-Ray und DVD (14.5.21, Capelight Pictures). Das Biopic, welches versucht, einem die Ausnahmesängerin ein Stück weit näher zu bringen, war für zahlreiche Preise nominiert. Darunter auch eine Nominierung in der Kategorie „Beste Hauptdarstellerin“ für Andra Day. Für die erfolgreiche Sängerin war es die erste größere Filmrolle, nach ihrer Performance zu urteilen dürfte es wohl nicht die letzte gewesen sein.

Verletzlich, unsicher aber auch tough und ziemlich stur, so verkörpert Day gekonnt diese Ikone der Jazzmusik. Diese hatte, wie Fans sicherlich wissen, kein leichtes Los im Leben. Auch wenn der Film sich nicht eingehend mit der Kindheit und Jugend Holidays auseinandersetzt, wird doch schnell und überaus deutlich klar, dass hier so einiges im Argen lag. So stolpert sie dann auch als Erwachsene von einer missbräuchlichen Beziehung in die nächste, flieht sich in exzessiven Drogenkonsum und schafft es dennoch, Lieder zu kreieren, welche die Zeiten überdauern.

Eines dieser Lieder, mit dem doppeldeutigen Namen „Strange Fruit“, handelt von den damals immer wieder stattfinden Lynchmorden an Afroamerikaner. Es sollte dieser Hit sein, der sie schließlich zur Zielscheibe der amerikanischen Behörden, speziell des Agenten Anslinger, machen sollte. Ein bewegendes und bewegtes Leben also, mit vielen Höhen und noch mehr Tiefen, welches Regisseur Lee Daniels hier ebenso feinfühlig wie kreativ inszeniert. Bereits mit Filmen wie „Precious“ konnte der Amerikaner zeigen, dass er durchaus ein Gespür für die weibliche Seele hat. So rückt er auch die verschiedensten Facetten Holidays in den Vordergrund, stellt sie zutiefst menschlich dar und macht sie so für den Zuschauer umso greifbarer.

Dank dieser nuancierten Darstellung verzeiht man dann auch leichter das bereits angesprochene Fehlen einer Aufarbeitung der Jungendjahre, die meist für das Verständnis einer eigentlich so tragischen Figur von besonderer Bedeutung sind. Doch nicht nur die einfühlsame Portraitierung, auch das Spiel mit unterschiedlichen Einstellungen, variierendem Colour Grading und auf alt getrimmtem Filmmaterial weiß zu gefallen und sticht auf angenehme Weise aus der Masse an Künstler-Biopics hervor. Kleinere Abstriche gibt es dafür in der B-Note. Während die allzu blassen Nebencharaktere gerade noch verkraftbar wären, ist es vor allem die Figur des „Antagonisten“, in diesem Fall in Form des FBI-Agenten Anslinger, die einen ziemlich ratlos zurücklässt. Denn obwohl er ganz klar federführend bei dem Feldzug gegen Holiday ist, erfährt man über den strengen Agenten so gut wie nichts. Die Gründe für seine Verbissenheit bleiben ebenso im Dunkeln, wie ein großer Teil seiner Persönlichkeit. Und auch manche Entscheidung den erzählerischen Aufbau betreffend trübt ein wenig den an und für sich positiven Gesamteindruck.

Fazit:

So ist „The United States vs Billie Holiday“ am Ende ein Film geworden, der durch seine kreative Inszenierung und seine großartige Hauptdarstellerin punkten, alles in allem aber aufgrund einiger Schwächen nicht zu den ganz Großen des Genres gezählt werden kann.

Bewertung:

Bewertung: 8 von 10.

(78/100)

Bilder: (c) Capelight Pictures